#WirHabenEineStimme

Warum redet niemand MIT uns?

Die Pflege und ihre Fürsprecher….das ist ja immer so ein ganz heikles Thema.

Fangen wir aber mal von vorne an. Die Pflege ist in Deutschland zerstritten.

Wir sind eine eigene Profession, die ihre eigene Evidenz hat und wir sind längst vom schmückenden Beiwerk zu einer eigenständigen, emanzipierten, starken Berufsgruppe herangewachsen.

Sollte man meinen. Ist aber leider nicht so.

Deutschlands Pflegekräfte sind so uneins wie nie zuvor.

Auf der einen Seite stehen junge, hochmotivierte, akademisierte Pflegekräfte, die die Pflege als Profession voran bringen wollen, sie weiterentwickeln wollen, sie loslösen wollen vom Althergebrachten, von Barmherzigkeit und Empathie emanzipieren wollen. Weit fort von „Wir machen es für ein Lächeln“

Auf der anderen Seite steht eine Armada an alten Pflegekräften, die ausgebrannt und hoffnungslos sind, die seit Jahren in einem System gefangen sind, das immer und immer wieder Versprechungen gemacht hat, Geduld gefordert hat und erpresst hat a la „aber denk bitte an deine Patienten“ und dabei ganze Generationen kaputt gespart hat. Sie sind wütend ob der neuen Emanzipationswelle, ob der Freiheit die sich eine ganz neue Generation herausnimmt, ob der eigenen Machtlosigkeit und ob der eigenen Lethargie. Auch weil man sie schlichtweg im Stich gelassen hat. Ganz pathetisch und in diesem Kontext fällt mir der Filmtitel „Gottes vergessene Kinder“ unabhängig vom Inhalt ein. Mehrere Generationen sind von der Politik verlassen worden. Ihre Verdrossenheit ist bedingt nachzuvollziehen.

Diese Gruppe trägt aber momentan noch das System mit und fordert ihre jahrelange Opferbereitschaft auch von der neuen, jungen Generation ein.

„Damals, also bei mir war das noch ganz anders“

„Da musst du jetzt durch!“

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“

„Wenn du mal fertig bist mit deiner Ausbildung und ein paar Jahre im Beruf bist, kannst du mitreden!“

Oft treffen jungen, motivierte Kollegen, sofern noch nicht gänzlich durch die Ausbildung demotiviert, auf ein älteres Team die oft jedweden Fortschritt blockieren, demoralisieren und Erneuerungen ablehnen. Ein homogenes Gefüge gibt es selten, ebenso wie ältere Fachkräfte die die jungen stärken und unterstützen. Dem gegenüber stehen ebenfalls junge Kräfte die laut sein wollen und müssen, was ändern wollen, sich aber nicht trauen auf Grund von Repressalien und Mobbing innerhalb des Gefüges. Alteingesessene Teams schotten sich gerne ab, weil es so schön behaglich in ihrer Blase ist und diese Ruhe bitte nicht gestört werden sollte. Man hat sich irgendwie arrangiert, erträgt und wartet weiter ab. So brennen auch schnell gerade eben die jungen Kollegen aus.

Diese Uneinigkeit ist mit ein Grund dafür warum Pflege nicht selbst für sich spricht. Jene die wollen erfahren keine Rückendeckung oder werden schlichtweg als zu jung wahrgenommen, was völlig absurd ist. Aber gerade im Bereich der Pflege schlägt die Eminenz oft noch die Evidenz. Manchmal wundere ich mich wie wir es geschafft habe uns von „Eisen und Föhnen“ zu emanzipieren.  Die jüngeren Kollegen finden noch nicht immer ihre Kanäle und wenn Sie sie finden, werden sie beäugt als wären sie der neue Staatsfeind Nr. 1, während die Älteren dasitzen und in ihrer Lethargie und ihrem Meckermodus versinken. Das System wird angeprangert, aber es steht niemand mit längerer Teamreputation auf und greift unter die Arme.

Du mit deiner Evidenz!“ 

Ein oft gehörter Satz. Wieviel er kaputt macht ist kaum zu beziffern. 

Diejenigen die sich weiterbilden und FÜR die nächste Stufe der Professionalisierung eintreten, brauchen einen langen Atmen und ein dickes Fell. Sie kämpfen nicht gegen Windmühlen, aber gegen Angst, Unsicherheit, Traditionen und Unwissen. Unsichtbare Feinde sind nur schwer zu kontrollieren.

Und während die Zerrissenheit der Pflege weiter absurde Stilblüten treibt und wir uns öffentlich über Begrifflichkeiten streiten, werden Ärzte, Kassen, Juristen und Arbeitgeberverbände vor die Kamera und in die Presse gezogen um ihre Meinung zur Pflege darzulegen. Es gibt Interviewanfragen, aber an eben jene, mit der Bitte die Pflegesituation zu beleuchten und Ursachenfindung zu betreiben. 

Ich kann die Interviews mit Dr. med. als Ansprechpartner zur Pflegesituation nicht mehr zählen und ich will sie langsam auch nicht mehr zählen.

Daher die völlig ernstgemeinte Frage: 

Wann hört man auf ÜBER uns zu sprechen, anstatt MIT uns?

Wir haben längst hochqualifizierte Ansprechpartner in fast jedem Bereich und trotzdem werden wir ignoriert. Schmückt sich der Beitrag einer Tageszeitung oder der Boulevardpresse besser mit einem Doktor in der Schlagzeile?

Wir können Einschätzungen liefern anhand von aktuellen Studien, können Prognosen erstellen, den Pflegenotstand und seine Entwicklung in jeder Facette beleuchten und dessen Entstehung belegen.Alles ganz wissenschaftlich.

Aber das ist vielleicht zu wenig „Herz“ zu wenig „Emotion“, zu wenig „Lächeln“, denn das ist uns leider schon vor ein paar Jahren ausgegangen.

Fakt ist, die Pflegemisere beleuchtet durch die Pflege, ist nicht erwünscht oder die Fähigkeit diese rational darzustellen wird uns als nicht vorhanden unterstellt.

Ich verurteile dieses Vorgehen massiv!

Ein Arzt in der Klinik bekommt sicherlich einen etwas besseren Eindruck von diesem Zustand, als ein niedergelassener Arzt, und trotzdem steht er nur daneben und kann es nicht in seiner Gänze erfassen. Wie auch? Sie sind mit ihren eigenen Defiziten die das System hervorbringt beschäftigt und ich nehme es Ihnen nicht übel.

Der Vorstand einer Krankenkasse ist gänzlich unfähig die Situation zu beurteilen. Da kann man eher den Pförtner in einer Klinik befragen. Das mag ironisch klingen, ist aber mein völliger Ernst.

Also nochmal. warum fragt man nicht uns?

Sollte das Argument sein, es mangelt an Ansprechpartner, so versichere ich gerne, dass die Recherche nach diesem insuffizient gestaltet worden ist.

Ist es die Angst vor etwas Unbequemen? Die Angst öffentlich als Medium ein heisses Eisen anzufassen mit einem ungewissen Outcome?

Ja, das Thema ist unbequem!

Ja, das Thema tut weh!

Aber manchmal geht es nicht ohne Schmerzen.

Ich erwarte von den modernen Medien, dass sie genauso so an Fortschritt interessiert sind, wie die junge Generation der Pflegekräfte jetzt auch, und die althergebrachten Zöpfe abgeschnitten werden und endlich wahrnehmen das es keinen Doktor der Humanmedizin braucht um  für die Pflege zu sprechen.

Es gibt uns, und wird sind nicht wenige!

Dem Umstand sollte endlich Respekt entgegengebracht werden und hilft sicherlich der Pflege anders wahrgenommen zu werden, auch innerhalb der Pflege selbst.

Nehmen Sie endlich den Arzt als Sprachrohr der Pflege aus ihrem Repertoire, sonst wird die unbewegliche Gruppe der Pflegekräfte sich weiter hinter der Medizin verstecken und die neue Generation an Pflegekräften weiter nicht ernst nehmen.

Zollen sie der Emanzipation bitte den Respekt den sie verdient.

Sonst wird das nichts.

Veröffentlicht von schwesterunbequem

Alles im Blog unter der Rubrik "Über" nachzulesen

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