Wie gerne würde ich euch erzählen wer ich wirklich bin, wie ich ticke, wie sehr mich manche Kommentare, Nachrichten und Bilder verletzen. Ich kann es aber nicht.
Zunehmend erkenne ich wie ich alte Muster annehme und mich immer weiter in mich selbst zurückziehe, wie ich geliebten Menschen nichts über mich verrate. Und wenn ich es dann doch tue ein schlechtes Gewissen habe, dass ich sie belästige. Immer in der Angst das ich „zuviel“ bin oder über bin.
Ich schreibe gerne. Sehr gerne sogar. Gedichte, Kurzgeschichten. Drei Romane und diverse Kindergeschichten liegen hier, sind nie veröffentlich worden, weil ich mich nicht traue, weil es mich angreifbar macht.
Warum ich mich zurückziehe? Ich postete ganz am Anfang kurze, kleine Fabeln auf Twitter die nicht zuviele Zeichen hatten. Es fühlte sich gut an. Ich liebte jedes einzelne Wort, weil es eben meine Worte waren. Dann kam aber der Tag an dem es ein Kommentar völlig zerriss. Er machte sich lustig, erhielt mehr likes für dieses Spott als der Tweet itself. Danach unterließ ich es solche Sachen zu posten. Es hatte mich massiv verletzt und ich blieb still. Wäre es jemand fremdes gewesen, hätte es mich noch nicht mal gejuckt, aber es war jemand den ich sehr schätze.
Ich widmete mich zunehmend der Pflegepolitik und kleinen lustigen Tweets aus dem Alltag einer Krankenschwester, aber über mich selbst sagte ich nichts mehr.
Oft sitze ich vor einem Tweet und verwerfe ihn wieder weil er zuviel verrät. Über mich, über diejenigen die ich liebe, über meine Empfindungen, meine Gedanken, meine zunehmende aber selbstgewählte Isolation.
Ich bin nur zu kappen 10% mein Account. Der Rest bleibt verborgen.
Ich zeige euch das was ihr sehen dürft, kreiere ein Bild für euch, spiele den Klassenclown.
Ihr erlaubt euch eine Meinung, die ich euch sicherlich zugestehe, aber es ist eben nur eine Momentaufnahme nicht das gesamte Bild, nicht die gesamte Person. Es wird aber über das Gesamtbild geurteilt. Ich lese empathielos, kalt, herzlos und währenddessen kann ich die Patienten nicht mehr zählen die ich unter meinen Händen verloren habe und im Anschluss bitterlich in einer stillen Ecke weinte. Ich zähle nicht mehr die Überstunden die ich nicht aufschrieb, die ich bei meinem Patienten blieb damit er nicht alleine sterben musste weil sich Familien zerstritten hatten. Ich zähle auch nicht mehr die Stunden die ich arbeitete, dabei kaum laufen konnte, kaum meine Arme spürte und trotzdem jedem mit einem Lächeln begegnete und ein „Ach..pfff…alles halb so wild“ sagte oder eben gänzlich schwieg.
„Selbst schuld“ mag der ein oder andere jetzt denken. Kann man, ja. Ob man es sollte ist etwas anderes.
Nicht zur Last fallen; Niemanden belästigen, keine Angriffsfläche für andere schaffen ist da immer mein Kredo gewesen.
Ich wähle ganz oft das Alleinsein. Bewusst. So muss ich nicht meine Gedanken teilen oder laufe Gefahr das ich ein schlechtes Gewissen bekomme wenn sich jemand Zeit für mich nimmt.
Jeder hat nicht nur ein Päckchen zu tragen, sondern ganz oft ganze Wagenladungen an Paketen. Das weiß ich, weil ich Menschen vorher reden lasse bevor ich auch nur ein Wort von mir erzähle. Ich wäge dann ab was ich freigeben kann und will und was der andere tragen kann. Den Beschluss nichts zu teilen liegt dann begründet in Rücksichtnahme auf die diversen Schicksale die mir begegnen. Mein Adresse, meinen Namen und meine Telefonnummer zu kennen, sagt nichts über mich aus.
Und dann, ab und an, kommt doch was persönliches. So wie gestern.
Es war nur ein Zitat von einer französischen Schriftstellerin.
Ob ich mir dabei was gedacht habe? Mag sein oder auch nicht. Die Nachrichten die mich aber genau dazu erreichten sind dann doch zu viel gewesen. Wen ich damit meinen würde, was ich damit sagen wolle, warum ich genau DAS JETZT gepostet habe. Es wurden sogar Zusammenhänge mit der Uhrzeit angestellt.
Es geht niemanden etwas an, es ist ein Bruchteil von mir. Ein Stück aus meinem Herzen und ich bin es leid für etwas ganz persönliches von mir ausgequetscht zu werden, denn am Ende interessiert es nicht wirklich wer oder was ich bin, für was ich stehe, für was ich bete, was ich mir wünsche, warum ich nachts nicht schlafen kann, warum ich Albträume habe, warum ich gerne alleine durch den Wald laufe und warum ich fest an den einen Menschen glaube der zu einem gehört, der für dich geschaffen worden ist und ich nichts anderes gelten lasse.
Meine Träume, meine Wünsche und Hoffnungen bleiben besser bei mir.